Zilly mit den Zauberfüßen oder Für Markttage und das Leben
Zilly mit den Zauberfüßen aß für ihr Leben gern Grünzeug. Groß gewachsenes, klein gewachsenes, krumm gewachsenes. Knolliges Grünzeug, langstieliges Grünzeug, dickblättriges, feinblättriges, federblättriges. Solches mit Blüten, Blättern und Schale in allen Farben, aber auch unscheinbar einfarbiges. Zilly liebte Grünzeug mit Bittergeschmack, mit süßem Geschmack, mit undefinierbarem Geschmack, solches, das man roh essen konnte, solches, das man kochen musste, um es genießbar zu machen, solches, das aus dem Backofen am besten schmeckte.
Jede Woche traf man Zilly mit den Zauberfüßen auf dem Markt, wo die Händler ihr Grünzeug feilboten - manche lauft schreiend und handelnd wie auf einem Bazar, manche leise mit Schildern, die potenzielle Käufer direkt wissen ließ, was sie preislich erwartete, wenn man gedachte ins Geschäft zu kommen. Manche dösten unter halb geschlossenen Augenlidern, die an nur zur Hälfte ausgefahrene Sonnenstoren unter einer gleißenden Sommersonne erinnerten. Wie diese Händler ihr Grünzeug anpriesen, erschließt sich dem Beobachter nicht direkt, aber auch sie ziehen ihre Karren abends merklich geleert nach Hause.
Wie unterschiedlich die Händler ihr Grünzeug auch anbieten mochten, ihnen allen war gemeinsam, dass sie Zilly, die an Markttagen zwischen den Ständen und Buden auf ihren Zauberfüßen über den Marktplatz schlenderte, kannten.
Sie füllte ihren bunten Beutel, bis sie ihn kaum mehr heben konnte. Aber Zilly mit den Zauberfüßen hatte ja eben Zauberfüße - die tragen auch die schwersten Lasten über die weitesten Entfernungen. Und das nicht nur an Markttagen, wenn es leckeres Grünzeug zu buckeln galt. Nein, Zauberfüße tragen durch’s Leben.
Zilly hatte Zauberfüße für Markttage und fürs Leben.
Leipzig - mein Leipzig -, danke für die zauberfüßige Zilly, Grünzeug, Zauberfüße und Markttage.

© anaïs-madlaina büchl
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